Shit happens…
Nennt es Schicksal. Nennt es Pech. Wir nennen es beim Namen: es heißt: „Schlechte Vorbereitung“…
Der Tag beginnt eigentlich so normal wie der Gestrige. Der Himmel ist schön blau, nur leicht garniert mit ein paar Wölkchen, wenn man diese überhaupt so nennen darf. Die Voraussetzungen für einen weiteren gelungenen Tripabschnitt sind also wie gemacht…
Wir sind mehr als rechtzeitig aus unseren Sleeping Bags geschlüpft, haben geduscht, Zähne geputzt, die Scheitel gelegt und den Wagen gestartet, der uns zur „Paria Contact Station“ bringen soll; die befindet sich etliche Meilen östlich von Kanab/UT. Vor etlichen Jahren waren wir das letzte Mal vor Ort.
Wir hoffen auf die Lotterie.
Punkt neun Uhr startet die berühmte Verlosung der Permits, mit denen man am nächsten Tag zur „Wave“ wandern darf – wenn man denn welche gewinnt. Es ist eine Lotterie, das ist uns schon bewusst…
Alles leer!
Der Parkplatz vor der Contact Station des BLM unweit des US 89 ist verdächtig leer; entweder ist die Nachfrage über die Jahre abgeklungen oder die Leute wissen nicht, wie das mit der Verlosung funktioniert. Beides ist schwer vorstellbar, aber möglich…
Eine freundliche Dame vom „Bureau of Land Management“ begrüßt uns herzlich und fragt uns umgehend nach unserem Begehr; wir faseln etwas von Verlosung und Permit und das uns beunruhigt, dass um diese Uhrzeit noch keine „Mitbewerber“ am Start sind.
„Mitbewerber“ gibt es wohl eine Menge heute, aber die nehmen gerade in Kanab/UT an der Verlosung teil.
Häääääääää? Reallyyyyyyyy?
Das ist neu – leider zu spät…
Einen leicht hämischen Unterton kann die gute Frau nicht ganz verbergen.
Mit einem uns verunsichernden Grinsen klärt sie uns darüber auf, dass die Lotterie schon seit sechs Jahren in Kanabs BLM- Office stattfindet; sozusagen einen Katzensprung entfernt von unserem nächtlichen RV Park – Lager…
Ähm. Das ist das Erste, was wir darüber hören. „So ein Mist!“ denken wir und wünschen der Rangerin noch einen schönen Tag. Fakt ist aber, dass wir in dieser Richtung total abgeloost haben. Das schmerzt. Gerade wir Southwestler!
Wir haben zwar nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen, aber dass uns dieses wichtige Detail entgangen ist, wurmt doch sehr, das können wir nicht bestreiten. Zumal Christian dort schon mehrfach, über Jahre verteilt, mit den Teammitgliedern Doreen, Martina und Birgit vor Ort war, mal um Permits zu ergattern, mal um Gewonnene abzuholen bzw. diverse Fragen abzuklären.
Weggesteckt…
Ok, wir waren sieben Jahre nicht hier, aber damit haben wir nicht gerechnet. Wir sind kurz geknickt, richten uns aber sofort wieder auf. Gute Planung sehen wir zwar als „Pflicht“, die Umplanung avanciert nun zur „Kür“, um es sportlich auszudrücken.
Kreativ werden ist jetzt angesagt, aber Leute: Wir sind im Südwesten! Da darf so etwas nicht schwerfallen! Basta!
Gleich gegenüber…
Das Ziel für morgen ist zwar weg, aber was solls? Teamleader Christian geht flugs seinen „internen Speicher“ durch, um die Zeit hier zwischen „Grand Staircase Escalante National Monument“ und dem „Vermilion Cliffs National Monument“ optimal zu nutzen und entscheidet sich erst einmal für einen Kurztrip zu den „Toadstool Hoodoos“. Die befinden sich sozusagen gleich gegenüber der Paria Contact Station.
Es ist also kein erwähnenswerter Aufwand, sieht man mal von dem zwanzigminütigen Fußmarsch ab. Nach dem „Verlosungsschock“ ist das gleich der richtige Balsam für unsere angeschlagenen Southwestfan-Seelen.
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Er chillt, sie verliebt sich!
Den stecken wir aber weg wie nix, und dort angekommen, lassen wir zunächst unsere Gedanken schweifen. Christian war schon einige Male hier, aber immer nur zum Fotografieren, zum Ausspannen hat es noch nie gereicht; jetzt ist „The right time!“ .
Lisa dagegen ist kaum zu bremsen. „What a place!“ wechselt ab mit „Wie geil ist das denn?“, „Super!“, „Das gibt’s doch nicht!“ und einigen Ausrufen mehr, die wir aber an dieser Stelle nicht veröffentlichen, da sie evtl. nicht ganz jugendfrei sind…
Jump (for my love)!
Wir fassen zusammen: Sie verliebt sich gerade in dieses Areal. Es hat einfach gefunkt! Immerhin! Nach dieser bisher spektakulären Reise fällt es doch zunehmend schwerer, noch weitere Highlights zu setzen. Hat sie doch auf unserer Tour bisher so viel gesehen und erlebt, da sei ihr der eine oder andere unerwähnte Luftsprung verziehen…
Ach neeee, STOPP!!! Jetzt gerade vollführt sie wahrhaftig einen solchen! Zwischen den Toadstool Hoodoos! Darf man das überhaupt? Wer weiß es genau? Auf jeden Fall hat sie ihn gestanden und sah auch noch gut aus dabei!
Entscheidung fürs Ausspannen.
Nachdem sich die angestaute Freude Bahn gebrochen hat, streifen wir geraume Zeit gemeinsam durch die außerirdisch anmutende Area und bewundern die Kreativität der Elemente. An diesem Punkt entscheiden wir uns, den Ferientag ganz ruhig zu begehen, um auch mal so richtig auszuspannen.
Für Fahrten ins benachbarte Vermilion Cliffs National Monument, etwa zu „White Pocket“, ist der Sand zu trocken, denn es hat hier wohl länger nicht geregnet. Die Rangerin in der Paria Contact Station riet uns eindringlich davon ab, bei diesen Bedingungen dort raus zu fahren. Das leuchtet ein, denn ist der SUV erst einmal eingegraben, sieht es schlecht aus; schnell Hilfe zu bekommen ist relativ aussichtslos.
Sicher ist sicher und Schlaf echt wichtig…
Also wählen wir die sichere Variante und setzen auf Ziele, die weniger risikobehaftet sind, sitzt uns doch mittlerweile unser Abreisetermin etwas im Nacken. Bevor wir dies in Angriff nehmen, serviert man uns in einem netten mexikanischen Restaurant in Kanabs Ortsmitte ein leckeres Frühstück, um unsere körpereigenen Akkus aufzuladen.
Nur ein paar Meilen hinter der Stadt befindet sich der „Coral Pink Sand Dunes State Park“, und da fahren wir nun hin. Lisa tut sich auf dem weitläufigen Gelände um, während es sich Christian im Mietwagen bequem macht und einnickt. Die langen Reisetage und der teils wenige Schlaf fordern ihren Tribut…
Leider sind im Park heute keine der sonst umherfahrenden Sand Buggys zu entdecken; Christian ist ja eigentlich dagegen, dass solche Fahrzeuge in einem derartigen Gebiet betrieben werden, aber ein paar spektakuläre Fotos für diesen Reisebericht hätte das sicherlich gegeben.
Und nun: Wir suchen Montezumas Schatz!
Ok, dann gehen wir eben auf Schatzsuche!
Wir fahren zurück nach Kanab/UT und wandeln auf den Spuren von Freddie Crystal, um nun endlich „Montezumas Treasure“ zu finden. Vor über hundert Jahren suchte zunächst er allein, später mit zwei Unterstützern und danach mit fast allen Einwohnern der kleinen Mormonenstadt nach dem legendären Aztekenschatz, der einst aus Tenochtitlán in das sagenumwobene „Aztlán“ verbracht worden sein soll, um diesen vor den anrückenden Spaniern zu retten.
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Wir sind ganz nah dran…
Im Johnson Canyon treffen wir auf eine Dame mit einem großen Pickup, die gerade die Tränke einiger Kühe mit Wasser befüllt hat, und fragen sie, ob sie ein paar Tipps dazu geben kann. Und siehe da: Ein Felsen auf ihrem Grundstück spielt in dieser Geschichte eine entscheidende Rolle!
Einst sprengte der damalige Besitzer einen großen Teil davon heraus, um darunter ein Heulager zu errichten. Leider zerstörte er dabei eine Petroglyphe, die bei der Suche nach dem Schatz einen wichtigen Hinweis hätte geben können. Freddie Crystal brach daraufhin seine Suche ab, bevor er einige Jahre später wiederkehrte und den gesamten Ort in einen Rausch versetzte, nun endlich des verschwundenen Aztekengoldes habhaft zu werden.
Fluch des Aztekengoldes?
Wir suchen nach den Höhlen, die von den Einwohnern Kanabs einst mit Schaufeln und Eimerketten in mühsamer Handarbeit vom Sand befreit wurden, und fahren zu guter Letzt an den westlichen Ortsrand von Kanab/UT. Dort schmiegt sich, gleich neben dem Highway, ein kleiner See an einen Sandsteinfelsen. Hier vermutet man heute noch die Einlagerungsstätte des Schatzes. Doch alle Bergungsversuche sind bis dato auf eigenartige Weise gescheitert. Einige Leute erzählen sogar etwas von einem Fluch, der auf dem Gold lastet.
Wenn ich einmal reich wär…
Wir jedoch sind nicht abergläubisch und machen uns daran, endlich die Hände danach auszustrecken, werden aber leider durch einen recht hohen Zaun jäh davon abgehalten, nun als reiche Leute nach Hause zu fahren. Der Besitzer des Grundstücks hat dem Streben nach „Montezumas Schatz“ auf Dauer einen Riegel vorgeschoben. Lediglich zwei Statuen an der Zufahrt erinnern an die Suche, welche fast einhundert Jahre lang immer wieder Glücksritter in Atem hielt…
Einsicht. Worauf es ankommt.
Zwar können wir mit unserem Abstecher in die Vergangenheit nicht unser Reisebudget merklich aufbessern, der eigentliche Gewinn besteht für uns allerdings in der Unternehmung von Vater und Tochter selbst.
Grobe Richtung – Escalante!
Über die “Johnson Canyon Road” und die „Skutumpah Road“ verlassen wir Kanab/UT fürs Erste und steuern als letztes Ziel für heute Escalante/UT an. Dieser Ort am Ar*** der Welt war schon sehr oft ein Stopp auf unseren USA Southwest – Reisen, hat dessen Umgebung doch so viel zu bieten, ohne sich dem Kommerz hinzugeben…
Auf dieser Road sind wir die ganzen Jahre noch nicht gefahren; mal hat es sich einfach nicht ergeben, mal haben wir die etwas spektakulärere Nachbarroute, die „Cottonwood Canyon Road“, genutzt. Heute holen wir das nun endlich nach. Wer jetzt meint, diese Piste hätte nichts zu bieten, der irrt gewaltig! Ok, es geht nicht ganz so bunt wie auf der „CCR“ zu, aber landschaftlich werden wir nicht enttäuscht.
Schmaler Canyon mit Geschichte.
Am „Bull Valley Gorge“ machen wir Halt. Die Skutumpah Road wurde an dieser Stelle offenbar frisch gegratet; ein großer Teil der Erdmassen mussten wohl in dieser Schlitzschlucht verschwinden. Klar, beim nächsten Flash Flood wird das meiste Material weggeschwemmt werden, aber bis dahin versperrt es Wanderern den Weg. Wir laufen einige Meter am Rim des Slot Canyons entlang, müssen aber einsehen, dass es heute keinen Sinn mehr macht, dort einzusteigen; dazu ist es einfach zu spät am Tage.
Trotzdem bewundern wir das Wrack eines Trucks, der hier seit 1954 ein paar Meter unter der Oberkante der sehr engen Schlucht „herumhängt“. Auch wenn hier mehrere Personen ums Leben kamen: Zu einer kleinen Attraktion ist dieser bei eingefleischten Südwestfans schon mittlerweile geworden…
Lisa hat zu tun…
Weitsichtig betreiben wir Southwestler Nachwuchsarbeit: nun darf Lisa ihre Offroad – Fähigkeiten schulen. Die Skutumpah Road ist hier sehr kurvig und sandig. Das Heck des Jeeps wird zwar elektronisch dirigiert, trotzdem zieht und zerrt die Physik an der Masse des Wagens; dieser wedelt unruhig durch die knochentrockenen Spurrinnen, die einige Fahrzeuge im Schlamm des letzten Regengusses in der Fahrbahn hinterlassen haben. Harte Brocken fliegen hier und da durch die Luft, und hinter unserem SUV entsteht eine erwähnenswerte Staubwolke.
Das Mädel hat alle Hände voll zu tun, unser Vehikel auf der Dirt Road zu halten. Mit etwas Mut und sensiblem Popometer gelingt es ihr dann aber doch recht souverän, uns heil über die Holperpiste zu chauffieren.
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Zum Willis Creek. Nach Jahren!
Einmal parken wir den Wagen noch am Wegesrand und wandern in den „Willis Creek“, einen hübschen kleinen Canyon mit einigen engen Passagen, der einfach zu erlaufen ist. Ein Besuch stand schon seit Jahren auf dem Plan, jetzt ziehen wir das endlich mal durch. Es ist wirklich sehr schön, gerade die Slot Canyon – Abschnitte sind besonders ansprechend.
Zerstörung am Campground…
Nach dem Genuss dieser Naturpreziose geht es weiter nach Escalante/UT, wo wir uns einen RV-Park-Zelt-Stellplatz (was für eine Wortkreation) suchen, denn die paar Motels des kleinen Ortes sind ausgebucht.
An das von uns entfachte Lagerfeuer gesellen sich ein paar Campgroundnachbarn hinzu. Ungewollt zerstören sie unseren Plan für den nächsten Tag, der einen frühmorgendlichen Besuch im „Zebra Slot Canyon“ vorsieht. Die Truppe erzählt die Story, wie sie am Nachmittag dort einsteigen wollten. Daraus war nichts geworden, da sich direkt vor dem Canyoneingang ein großer See gebildet hat, den letzten Niederschlägen sei Dank. Wir verdrehen etwas die Augen, da wir beim letzten Mal 2014 auch wegen des hohen Wasserstands die Wanderung abgebrochen hatten.
Etwas gespart.
Ok. Da haben wir uns somit einen unnötigen Hike und somit Zeit für morgen gespart. Das beruhigt zumindest etwas. Und so schmeckt das Absacker-Bierchen dann doch noch, und wir fachsimpeln gemeinsam eine ganze Weile weiter, bis wir die Zelte von innen schließen und uns zur Nachtruhe betten…
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